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Wie viel Klimaschutz steckt im Zukunftsprogramm der SPD? – Almut Großmann

- Posted by Author: Pauline Schur in Category: Artikel 03/21 | 14 min read

Vor inzwischen sechs Jahren, im Jahr 2015, fand die Pariser Klimakonferenz statt. Bei dieser Konferenz einigten sich 190 Staats- und Regierungschef*innen auf das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.

Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir die weltweiten Emissionen schnellstmöglich auf null reduzieren. Länder, die einen Großteil der weltweiten Emissionen ausstoßen, tragen besondere Verantwortung bei der Emissionsreduktion.

Der globale Norden hat bereits in den letzten Jahrzehnten einen Großteil der Emissionen verursacht. Der große Wohlstand in Europa und Nordamerika basiert zumindest in Teilen auf emissionsintensiver Energiegewinnung und Industrie. Wir müssen jetzt zeigen: Es geht anders. Nicht auf Kosten des Klimas, nicht auf Kosten von Menschen, die durch die Klimafolgen besonders betroffen sind. Aber auch nicht auf Kosten der Menschen, die hier in Energiewirtschaft und Industrie arbeiten.

CO2-Emissionen reduzieren: So geht’s

Mit dem Klimaschutzgesetz wurden erstmalig rechtsverbindlich Ziele für die Emissionsreduktion in den Sektoren Energie, Industrie, Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft festgelegt – allerdings nur für die Jahre 2020 bis 2030. Mit diesen Schritten hätten wir 2030 nur eine Reduktion der Emissionen auf 55 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 erreicht.

Von einer tatsächlichen Klimaneutralität wären wir damit noch 20 Jahre entfernt gewesen. Das Verfassungsgericht hat die Bundesregierung jetzt dazu verpflichtet, auch für den Zeitraum bis zur Klimaneutralität Sektorziele, also konkrete Etappen, vorzulegen. Klimaneutralität soll damit 2045 erreicht werden.

Aber auch mit der Gesetzesänderung bleiben diverse Fragen zurück: Wie viel CO2 wird ab heute bis 2045 in die Atmosphäre gelangen? Wird unser CO2-Budget überschritten, auch wenn wir 2045 klimaneutral sind?

Jahreszahlen sind nicht das Problem

Wir wissen inzwischen, das globale CO2-Budget ist begrenzt. Es ist nicht egal, wie viel CO2 wir bis 2045 emittieren. Überschreiten wir das uns verbleibende globale Budget von circa 400 Gigatonnen (Gt), so kommen unabsehbare Folgen auf uns zu, weil wir die viel besprochenen Kippunkte mit einer großen Wahrscheinlichkeit erreichen.

Dringend notwendig wäre es, über verbleibende CO2-Budgets zu sprechen und die Sektorziele entsprechend dieser Ziele zu optimieren. Dafür braucht es nicht zwingend eine Verschiebung der Jahreszahl 2045, sondern vor allem das Eingeständnis, unseren Anteil an den verbleibenden CO2-Budgets berechnen zu müssen und die Emissionen an diese Zahlen anzupassen. Dafür werden wir umweltpolitisch streiten müssen!

Unsere Zukunft ist weder fossil noch atomar

Die Energiewirtschaft ist mit Abstand für die meisten Emissionen in Deutschland verantwortlich. Energiewirtschaft ist, vereinfacht gesagt, der Bereich der Strom- und Wärmeproduktion. Fossile Energieträger wie Kohle, Erdgas oder Mineralöl oder auch erneuerbare Energieträger wie Wind oder Sonnenstrahlung, aber auch Kernenergie werden in elektrische oder thermische Energie umgewandelt.

Wo dafür fossile Energieträger genutzt werden, kommt es zur Freisetzung von großen Mengen an Treibhausgas-Emissionen.

Atomstrom ist keine Antwort

Zum Glück ist die Debatte um Atomstrom inzwischen nicht nur in der SPD, sondern auch gesamtgesellschaftlich klar entschieden: Atomstrom ist keine Antwort. Die enormen Gefahren stehen in keinem Verhältnis zum Nutzen für unsere Stromversorgung: riesige Mengen täglich entstehender radioaktiver Müll, die radioaktiven Emissionen beim Uranabbau, das Risiko von Katastrophen für Menschen und Umwelt. Bis 2022 wird deshalb der Ausstieg endgültig vollzogen sein.

Gleichzeitig wissen wir: Der Strombedarf wird in den nächsten Jahren massiv ansteigen. Für die klimaneutrale Industrie und für den klimaneutralen Verkehr.

Zukunft gibt es nicht für lau

Was wir Jusos schon lange wissen, hat nun auch die SPD im Zukunftsprogramm stehen: Zukunft gibt es nicht für lau. Wer gut bezahlte Jobs, 100 Prozent erneuerbare Energien, Mobilitätsgarantie und Industrie ohne (oder fast ohne) CO2-Emission möchte, muss richtig Geld in die Hand nehmen.

Ein schneller Ausbau auf 100 Prozent Erneuerbare wird nur mit massiven Investitionen in Infrastruktur und vorausschauende Planungen gehen. Zuerst müssen wir ausbauen. Dann folgt der Umstieg auf Elektrifizierung und Wasserstoff. Aber auch Speichertechnologien müssen jetzt aufgebaut werden, damit diese für den Ausbau frühzeitig zur Verfügung stehen.

Dieser gigantische Wandel der Energiewirtschaft wird nur mit einer breiten Unterstützung möglich sein. Alle müssen mitziehen, wenn wir Windräder und PV-Parks bauen. Der Ausbau der Erneuerbaren ist in den letzten Jahren nur schleppend vorangekommen. Ein deutlicher Anschub ist dringend notwendig.

Außerdem muss der notwendige Strukturwandel in den Regionen, in denen bis heute Steinkohle abgebaut wird, politisch gestaltet werden. Wir müssen dafür sorgen, dass überall da, wo im Aufbau der Erneuerbaren Energien Jobs entstehen, auch gut bezahlte Arbeit mit Tarifverträgen stattfindet.

On the road again – oder doch im Zug?

Wenn wir Emissionen reduzieren wollen, dann müssen wir jeden einzelnen Bereich unter die Lupe nehmen. Wie können wir hier eine Emissionsreduktion erreichen? Wie kann das klappen, ohne dass diejenigen die Kosten tragen, die schon heute am wenigsten haben?

Und wie können wir das so gestalten, dass im Idealfall sogar möglichst viele Menschen profitieren, weil sie schneller unterwegs sind, weniger im Stau stehen, die Luft auch in ihrer Umgebung sauberer ist, mehr Platz für Gastronomie, Spielplätze, Bänke und die Nutzung der Stadt durch uns alle ist?

Mobilität, garantiert

Unsere Antwort: eine Mobilitätsgarantie. Die SPD hat dafür einen Plan. Und der beginnt mit der Überzeugung, dass jede*r jederzeit von A nach B kommen muss. Das darf nicht länger nur mit dem privaten Auto mit Verbrennungsmotor gehen. Um das zu erreichen, hat die Politik in den nächsten Jahren richtig viel zu tun!

Auch das Zukunftsprogramm der SPD hält fest: Die Schiene muss endlich wieder Vorrang vor der Straße haben. Dafür muss das Schienennetz bis 2030 zu 75 Prozent elektrifiziert sein. Außerdem wollen wir endlich mehr wasserstoffbetriebene Züge.

DB für alle

Außerdem muss sich die Deutsche Bahn endlich am Gemeinwohl orientieren, statt möglichst viel Gewinn abzuwerfen. Die Deutsche Bahn ist kein privates Unternehmen, und das ist auch gut so! Die Bahn muss sich dringend wieder auf ihren eigentlichen Job konzentrieren: Mobilität für Menschen garantieren, zu bezahlbaren Preisen, und für alle die bessere Alternative zum Auto werden.

Das heißt auch: Anders als heute darf das Schienennetz in Zukunft nicht länger bei den öffentlichen Geldern gegenüber der Straße massiv benachteiligt werden.

Und nicht nur der Fernverkehr muss endlich für alle bezahlbar und besser ausgebaut werden. Vor allem der ÖPNV muss eine echte Alternative werden. Wir Jusos wollen dafür einen fahrscheinlosen beitragsfinanzierten ÖPNV. Leider haben es ins Zukunftsprogramm nur Modellprojekte für diese Idee geschafft. Aber die Mobilitätsgarantie soll auch sicherstellen, dass wir den ÖPNV bezahlbar machen und richtig ordentlich ausbauen.

Klima-Killer, Wohlstandsgarant, Luftverpester, Transformationstreiber

Wenn wir über Industrie reden, denken wahrscheinlich die meisten Menschen an hässliche Kraftwerke, dampfende, stinkende Schornsteine oder immer ein bisschen gespenstisch wirkende Industriegebiete am Stadtrand.

Aber es ist keine Floskel, dass die Industrie die Grundlage des heutigen Wohlstandes unserer Gesellschaft ist. Industrie ist auch für den Wandel in eine klimaneutrale Zukunft unerlässlich. Windräder, Elektroautos und Wasserstoff-Schwerlasttransporte bauen, die Infrastruktur hin zu klimaneutralen Technologien umbauen: Wir brauchen die Industrie für eine gelungene Transformation in so vielen Bereichen. Gleichzeitig ist die Industrie aktuell mit 178 Millionen Tonnen CO2 (entspricht 24 Prozent) der Sektor mit dem zweitgrößten Anteil an allen CO2-Emissionen in Deutschland.

Gleichzeitig liegen in der Industrie eine Vielzahl an Arbeitsplätze, die durch Tarifverträge ein gutes Leben garantieren. Mit Arbeitszeiten deutlich unter 40 Stunden pro Woche. Mit guter Bezahlung auch für ungelernte Kräfte und noch bessere Bezahlung für die vielen Fachkräfte.

Was Industrie ist – und was sie sein kann

Die SPD genau wie die Jusos sind überzeugt: Wir wollen keine Deindustrialisierung in Deutschland. Aber ohne massive Veränderungen werden wir die Industriearbeitsplätze nicht erhalten können. Produkte müssen, wie zum Beispiel in der Automobilindustrie, klimaneutral betrieben werden können. Aber auch die Produktion selbst muss klimaneutral umgestellt werden.

In der Stahlindustrie beispielsweise werden wir durch grünen Wasserstoff einen grundlegenden Wechsel schaffen. Die Rahmenbedingungen für diesen Wandel werden wir durch eindeutige politische Vorgaben, wie Transformationsziele, setzten. Aber auch eine aktive Gestaltung entsprechender Schlüsselindustrien durch den Staat selbst wird nötig werden. Da sind wir Jusos uns sicher.

Gleichzeitig müssen wir unsere Wirtschaft Schritt für Schritt zur Kreislaufwirtschaft umbauen. Die Sicherung und Zunahme von Wohlstand für unsere Generation und die Generation unserer Kinder muss nicht mit der Ausbeutung endlicher Ressourcen, der Ausstoßung von Treibhausgasen, Flächenverbrauch oder Verschmutzung von Ökosystemen einhergehen.

Mein Haus, meine Emissionen

Wir überspringen das Problem der Emissionen, die im Gebäudesektor verursacht werden, ja gerne. Zugegeben: Sie machen einen geringeren Anteil aus als die Energiewirtschaft oder Industrie. Oft verschieben wir die Herausforderungen in den Bereich der privaten Verantwortung, egal ob beim privaten Wohnhaus, bei Bürogebäuden und Fabriken oder bei öffentlichen Gebäude wie Schulen oder Rathäusern.

Die Besitzer*innen müssten eben mal modernisieren, sanieren oder renovieren. Natürlich ist das nur die halbe Wahrheit. Die Verantwortung ausschließlich bei einzelnen Entscheidungen zu suchen, reicht natürlich nicht.

Die SPD macht im Zukunftsprogramm klar: Wir wollen den Anteil der Häuser und Gebäude, die jährlich klimaneutral umgerüstet werden, steigern. Dafür muss die öffentliche Hand den ersten Schritt machen, auch indem sie nur noch klimaneutrale Baustoffe verwendet. Ab 2030 dann zu 100 Prozent.

Aber am aller wichtigsten: Die Kosten für Sanierungen, die nötig sind, um klimaneutrales Wohnen möglich zu machen, müssen bei den Vermieter*innen liegen. Das heißt ganz konkret: Warmmieten-Neutralität. Kosten fürs Wohnen müssen vor und nach der Sanierung die gleichen sein. Wenn weniger fürs Heizen gezahlt wird, darf sich die Miete um diesen Betrag erhöhen, und mehr nicht!

Landwirtschaft

Sie versorgt uns alle mit Nahrung und doch haben wir oft kaum Berührungspunkte mit dem was in der Landwirtschaft tatsächlich passiert.

Die SPD hat beschlossen, wofür wir bereits in den Debatten rund um die Reform der EU-Agrarpolitik gestritten haben: Wir müssen unsere Agrarförderung grundsätzlich umbauen, damit der Klimaneutralität gelingt.

Gleichzeitig müssen wir sicherstellen, dass Landwirt*innen und alle Beschäftigten in der Landwirtschaft mit ihrem Beruf auch einen guten Lebensunterhalt sichern können.

Die Netto-Null und die Senken

Doch auch bei einer massiven und schnellen Emissionsreduktion wird es weiterhin Restemissionen geben, beispielsweise in der Landwirtschaft – selbst wenn sie ökologisch ausgestaltet ist.  Wenn wir aber annehmen, dass eine tatsächliche Reduktion auf null Treibhausgase nicht oder nicht zeitnah möglich sein wird, dann bedarf es eines Kompensationsmechanismus.

Wir sprechen deshalb auch von dem Ziel der sogenannten Netto-Null. Netto-Null bedeutet dabei, dass die in die Atmosphäre ausgestoßene Menge an Treibhausgasen, also CO2, Methan oder Lachgas, der Menge an Treibhausgasen entsprechen muss, die wir der Atmosphäre wieder entziehen können. Der Atmosphäre CO2 entziehen und speichern, das tun aktuell vor allem Wälder, Moore, Böden und der Ozean – in dieser Funktion nennen wir sie deshalb CO2-Senken.

Es ist daher klar: Auch der Aufbau und Erhalt von CO2-Senken muss Priorität einer klimagerechten Politik sein.

Die Moore verschwinden

Moore binden mehr Kohlenstoffdioxid als Wälder und das, obwohl sie mit 3 Prozent der globalen Landfläche nur einen Bruchteil der Fläche darstellen, die bewaldet ist. Das Potenzial der Moore als CO2-Senke ist aber noch um ein vielfaches höher. Denn aktuell verursachen Moore auch 5 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen, die durch den Mensch verursacht werden. Überall dort, wo Moore trockengelegt wurden und jetzt landwirtschaftlich und fortwirtschaftlich genutzt werden, sind sie keine CO2-Senken mehr. Die in ihnen gespeicherten Treibhausgase werden sogar freigesetzt.

Hier kommt es also zum gegenteiligen Effekt: Statt CO2 zu binden und zu speichern, erhöht die Trockenlegung unsere CO2-Emmissionen. Aktuell sind circa 15 Prozent aller Moore weltweit entwässert und werden vornehmlich land- und forstwirtschaftlich genutzt.

Wenn wir die Regulationsfunktion für das Klima als wichtigste Ökosystemdienstleistung identifizieren, müssen wir diese Funktion überall dort, wo sie aktuell intakt ist, erhalten. Überall dort, wo heute Moore trockengelegt sind und oft landwirtschaftlich und forstwirtschaftlich genutzt werden, müssen wir eine Wiedervernässung anstreben.

Dem Wald geht es schlecht

Knapp 30 Prozent der Fläche in Deutschland sind Wälder. Der aktuelle Schadbestand liegt bei 85.000 Hektar – diese Fläche ist so groß wie das Saarland. Schuld daran sind neben Hitze und Dürre auch Waldbrände oder Schädlinge wie der Borkenkäfer oder Pilze. Auch der Waldzustandsbericht 2020 beschreibt einen katastrophalen Zustand des Waldes. Nur 21 Prozent der Bäume in den Wäldern in Deutschland sind ohne Kronenschaden. Der Kronenschaden ist ein Maß für die Vitalität der Bäume.

Der Holzverbrauch steigt

Gleichzeitig ist der Holzverbrauch in den letzten Jahren und Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen. Das Jahr 2019 war bereits ein Rekordjahr für den Holzeinschlag, also die Menge an gefälltem Holz. Dabei wurde ein Umsatz von ca. 1 Milliarde Euro erwirtschaftet. 2020 wurde die Menge an Holzeinschlag erneut um 16 Prozent übertroffen.

Die Frage nach dem Wohlergehen des Waldes ist aber nicht nur für Menschen interessant, die gerne Wandern gehen. Der Wald ist ein wichtiger Kämpfer gegen den Klimawandel, er speichert den Kohlenstoff im Boden in den lebenden Bäumen und im Totholz.

Aktuell kompensiert der Wald etwa sieben Prozent der jährlichen Treibhausgasemissionen und ist somit eine bedeutende CO2-Senke. Ein erfolgreicher Kampf gegen den Klimawandel kann es also nur mit einem gesunden und wachsenden Wald geben.

Aufforstung ist ein Anfang

Grundsätzlich und langfristig muss es also um eine Aufforstung gehen, die eine Vergrößerung der Senkenwirkung des Waldes zum Ziel hat. Im Angesicht des aktuellen Zustandes des Waldes geht es allerdings vorrangig um etwas anderes: Die heute vorhandene Senkenwirkung des Waldes zu erhalten.

Die Zunahme an Extremwetterereignissen wie Trockenheit, Hitze und Stürmen wird in den nächsten Jahren voraussichtlich eher zu- als abnehmen. Mischwälder sind widerstandsfähiger. Sie können so eine verstärkte Speicherwirkung erfüllen und sind Teil der Lösung.

Wem gehört der Wald?

Außerdem müssen wir den Anteil an Wald, der nicht fortwirtschaftlich genutzt wird, also ökonomischer Nutzung unterliegt, dringend erhöhen. Dieser Wald kann sein Totholz behalten, das CO2 dauerhaft speichern kann. Das Ziel der Bundesregierung, fünf Prozent des Waldbestandes vollständig der fortwirtschaftlichen Nutzung zu entziehen und als Wälder mit natürlicher Entwicklung sich selbst zu überlassen, wird in diesem Jahr krachend verfehlt. Seit Jahren stagniert der Anteil bei zwei Prozent Wälder mit natürlicher Entwicklung.

Wenn wir weg von der rein wirtschaftlichen Orientierung der Forstwirtschaft hin zu einer verstärkten Betrachtung des Waldes als zentralen Kämpfer gegen den Klimawandel wollen, müssen wir auch über die Besitzverhältnisse des Waldes reden. 48 Prozent des Waldes in Deutschland sind in Privatbesitz. Eine aktive Steuerung durch den Staat muss auch die Frage nach dem Besitz an Grund und Boden dieser Flächen stellen.

Blauer Planet – der Ozean als Senke

Die größte Menge CO2 dieses Planeten ist aktuell im Ozean gespeichert. Die enorme Menge an CO2, die wir Menschen seit der Industrialisierung in die Atmosphäre gepustet haben, wurde bereits heute durch die Meere aufgenommen. Heute ist dort ca. 60-mal so viel Kohlenstoff gespeichert wie in der vorindustriellen Zeit.

Die Kohlenstoffspeicherung im Meer ist ein deutlich langsamerer und von uns außer durch effektive Klimapolitik, die die Erwärmung der Weltmeere bremst, kaum beeinflussbarer Prozess. Auch wenn dem Ozean damit eine gigantische Rolle in der Bekämpfung des Klimawandels zukommt und unsere Abhängigkeit von den Kompensationsmechanismen der Ökosysteme um uns herum erneut deutlich wird, muss für die Klimapolitik mit dem Ziel der Emissionsreduktion der Fokus vorerst bei den Mooren und Wäldern bleiben.

Wofür wir kämpfen müssen

Dem Wald geht es schlecht. Die Moore verschwinden. Der Ozean erwärmt sich. Für einen echten system change braucht es neben der Emissionsreduktion durch den Aufbau von Windkraft, der Photovoltaikpflicht auf Neubauten, dem Abschalten von Kohlekraftwerken, einer wasserstoffbasierten Stahlproduktion oder dem Umstieg auf die Schiene und das E-Auto auch eine echte Strategie für den Erhalt und Aufbau von CO2-Senken.

Das SPD-Zukunftsprogramm stellt richtigerweise fest: „Ohne leistungsstarke Kohlenstoffsenken kann Deutschland nicht klimaneutral werden.“ Dieses Bekenntnis ist um so wichtiger, wenn wir bedenken, dass wir uns aktuell noch nicht auf einem sicheren 1,5-Grad-Pfad befinden.

Das Bekenntnis kann aber nur ein erster Schritt sein. Ziel muss eine effektive, zeitnahe und großflächige Wiedervernässung der Moore, eine deutliche Erhöhung des Anteils der Wälder mit natürlicher Entwicklung und großflächige Aufforstungen mit Mischwald sein. Aber auch ein effektiver Schutz der bestehenden Wälder und Moore ist dringend notwendig. Um dies umzusetzen sind eine ausreichende Finanzierung und strenge Vorgaben durch die Bunderegierung notwendig.

Die Waldstrategie 2050 könnte dabei den Anfang machen und die Funktion des Waldes als CO2-Senke berücksichtigen. Auch für den Moorschutz braucht es mehr Vorgaben, als es die aktuelle Moorschutzstrategie der Bundesregierung vorsieht. Freiwilligkeit allein hat in der Vergangenheit immer wieder gezeigt, dass wirtschaftliche Interessen ökologischen Notwendigkeiten überlagern. Die Verantwortung für den Moorschutz darf nicht alleine in der Hand der Besitzer*innen und derjeniger, die das Moor bewirtschaften, liegen.

  • Almut Grossmann

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