Klimapolitik und das Versagen der Union – Almut Großmann
Sechzehn Jahre lang hat die Union einen effektiven Klimaschutz blockiert. Seit acht Jahren kämpfen SPD-Umweltministerinnen für eine Klimapolitik, die die Klimakrise stoppt. An vielen Stellen sind wir trotzdem nur in Trippelschritten vorangekommen. Um das 1,5 Grad Ziel noch zu erreichen, um das Überschreiten von unumkehrbaren Kipppunkten zu verhindern, um die Zerstörung unserer Lebensgrundlage einen Riegel vorzuschieben, dafür wären riesige Sprünge notwendig.
Ein erster großer Sprung hätte das Klimaschutzgesetz sein können – mit der Systematik, die allen Ministerien, allen Sektoren konkrete Ziele vorgibt und so einen Weg hin zur Klimaneutralität vorgibt. Bedingung für einen solchen Pfad ist vor allem, dass ihn alle mitgehen. Wenn der CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer sich wie ein bockiges Kind auf den Boden wirft und verweigert auch nur einen Schritt zu gehen, dann kann der bevorstehende Weg noch so gut sein, das Ziel wird nicht erreicht werden.
Die Union hat in der Großen Koalition bis letztes Jahr effektiv verhindert, dass das Klimaschutzgesetz ambitionierte Ziele vorgibt. Erst nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts konnten wir die Union bewegen, das Ziel klimaneutral zu werden, von 2050 auf das Jahr 2045 vorzuverlegen.
Immer wieder wurde das fadenscheinigen Argument „Wir müssen abwarten, was überhaupt realistisch und erreichbar ist.“ vorgebracht. Corona hat uns deutlich gezeigt: Wo politischer Wille ist, wo Investitionen getätigt werden, wo gesellschaftliche Anstrengungen vorhanden sind, da ist vieles möglich. Wie viel Gestaltungsmöglichkeiten Politik dabei hat, wurde während der Pandemie so deutlich werden wie selten zuvor. Die Politik hat Einfluss auf Forschung, wenn sie will. Denn die Frage in welcher Geschwindigkeit geforscht wird, hängt direkt mit der Frage zusammen, wie viele Mittel zur Verfügung stehen.
Seit Jahren ist klar: Überall da, wo wir umsteigen wollen, ob auf E-Autos, mit Wasserstoff betriebene Busse oder die vollständig elektrisch betriebene Bahn, für all diese Schritte in Richtung Klimaneutralität brauchen wir Strom. Und auch für eine klimaneutrale Industrie werden wir große Mengen an Strom brauchen, ob für die Produktion von Zement, Stahl oder in der chemischen Industrie. Damit bei dieser Stromerzeugung nicht selbst Unmengen CO2 emittiert werden, müssen wir jetzt so schnell es geht so viele Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen bauen, wie es uns möglich ist. Mit der Union war dies bislang nicht möglich: eine Anhebung des Ausschreibungsvolumens – Fehlanzeige. Stattdessen hat die CDU in NRW in der aktuellen Legislatur eine 1000-Meter-Abstands-Regel eingeführt. Windräder dürfen demnach nicht näher als 10 x die Höhe des Windrades an einem Haus stehen. Defacto ist das die Dauerbremse für den weiteren Ausbau.
Aber nicht nur der Ausbau der Erneuerbaren ist von den Konservativen in den letzten Jahren gebremst worden. Um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen, müssen wir so viel Verkehr wie möglich von der Straße auf die Schiene verlagern: Dafür brauchen wir Investitionen in die Bahn, genauso wie ein Ausbau der Schienen. Mit der Union waren Investitionen in dem benötigten Ausmaß für diesen Umstieg, in den letzten Jahren nicht zu machen.
Im Klimaschutzpaket hat die Bundesregierung beschlossen, jährlich eine Milliarde Euro in die DB zu investieren. Ein erster Schritt in Richtung Umstieg von der Straße auf die Schiene. Mehr war mit der Union nicht möglich. Diese Abwehrhaltung hat die CDU mit einem Beschluss auf ihrem Parteitag direkt nach Beschluss des Klimaschutzpaketes bekräftigt. Die Konservativen sprachen sich dabei gegen weitere Investitionen in die Deutsche Bahn aus, unter dem Vorwand die Bahn nicht gegenüber anderer privater Bahnbetreiber*innen bevorzugen zu wollen.
Für alle Autos und LKWs die aktuell noch auf der Straße fahren, wollen wir ein Tempolimit von 130 km/h einführen. In den letzten Jahren war genau das mit der Union nicht möglich, obwohl mit dieser einfachen Maßnahme nicht nur so CO2 eingespart werden könnte, sondern gleichzeitig die Sicherheit für alle auf der Straße erhöht würde. Ein solches Tempolimit wurde in den letzten vier Jahren von der Union konsequent blockiert.
Die Union hat in den vergangenen Jahren nicht nur effektiven Klimaschutz verhindert, sondern auch einen sozialen Ausgleich der Lasten der Klimaschutzmaßnahmen. Die CO2-Bepreisung im Gebäudebereich auf Mieter*innen und Vermieter*innen zu verteilen, dafür haben wir lange gekämpft, mit der Union war das nicht möglich.
Und nicht nur bei neuen Maßnahmen und Investitionen hat die Union in der Großen Koalition blockiert. Auch eine Prüfung der energiespezifischen Steuern, Abgaben und Umlagen, die an vielen Stellen bis heute fossile Energien subventionieren, haben die Konservativen in den Verhandlungen um das Klimaschutzpaket verhindert.
Ein verbindliches Tierwohllabel war bereits vor Beginn der Regierungskoalition im Koalitionsvertrag vereinbart worden. Trotzdem entschied die CDU-Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner dieses Label ausschließlich als freiwillige Selbstverpflichtung vorzuschlagen, statt ein verbindliches Instrument zu ermöglichen. Auch bei den Kriterien blieb das Label weit hinter den notwendigen Schritten zurück.
Nicht nur beim Tierwohllabel konnte Klöckner beweisen, dass ihre Ambitionen für den Schutz unserer Lebensgrundlage wohl da aufhören, wo die Interessen der Agrarlobby anfangen. Auch im Insektenschutz, beim Schutz von Biodiversität, bei der Beendigung gefährlicher Düngemittel war die CDU-Ministerin Bremsklotz Nummer eins.
Die Aufzählung der Punkte, an denen die Union verhindert oder blockiert hat, könnte noch länger so fortgesetzt werden. Aber statt über das Verhindern und Blockieren zu reden, müssen wir darüber sprechen, wie es anders gehen kann. Echten effektiven und sozialgerechten Klimaschutz kann es eben nur in einer Regierung ohne die Union geben. Sozialgerechte Transformation, also Klimaschutz und Gerechtigkeit gleichzeitig, kann es nur mit einer linken Mehrheit im Bundestag geben.
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Almut Großmann