Für eine echte antifaschistische Regierung! – Michelle Reißmann

- Posted by Author: Pauline Schur in Category: Artikel 04/21 | 3 min read

Die anstehende Bundestagswahl ist nicht nur in Sachen politischer Forderungen ein Richtungsstreit. Das Ergebnis wird auch in der Frage unseres demokratischen Konsens und gemeinsamer Grundhaltung maßgeblich für die Zukunft sein. Schaffen wir es als gesellschaftliche Linke mit einer positiven Vision unseres Zusammenlebens erfolgreich zu sein oder verfallen wir als Gesellschaft in dystopische Fantasien, die Akzeptanz sozialer Ungerechtigkeiten und Angst vor notwendigem Wandel?

Die Brandmauer nach rechts bröckelt in diesem Streit schon zu lange. Obwohl alle demokratischen Parteien rechten Anfeindungen und Bedrohungen ausgesetzt sind, ist leider auf unsere bisherigen Koalitionspartner CDU und CSU im Kampf gegen Rechts kein Verlass. Wir als Sozialdemokrat*innen können dem nicht kommentarlos zuschauen.

Walter Lübke war CDU-Mitglied – trotzdem weigert sich Kanzlerkandidat Armin Laschet bis heute eine klare Linie nach rechts zu ziehen und sich von Rechten in seiner Partei zu distanzieren. Dieses Fischen am äußersten rechten Rand der Gesellschaft ist für uns nicht nur absolut inakzeptabel im demokratischen Wettstreit, sondern brandgefährlich.

Laschet hat sich mit Friedrich Merz einen erzkonservativen Berater ins Team geholt, dessen Wertekanon nichts mit dem 21. Jahrhundert oder gar der Zukunft zu tun hat. MV-Spitzenkandidat Philip Amthor sieht nichts Verwerfliches darin über rassistische Witze zu lachen, während Ex-Innenminister Holger Stahlknecht in Sachsen-Anhalt eine AfD-tolerierte Minderheitenregierung nicht ausschloss. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer gibt in der Presse die Schuld am Aufstieg der AfD in Sachsen uns Sozialdemokrat*innen und mit Hans-Georg Maaßen tritt für die CDU in Thüringen ein Mann an, der offen zu Verschwörungsmythen steht und Fake News verbreitet. Ein Mann, der kein Problem damit hat sich offen mit Rechtsradikalen auf Veranstaltungen zu zeigen und ihre Unterstützung zu suchen. „Es gab keine Hetzjagden in Chemnitz“? Es sind Genoss*innen wie ich und viele andere, die diese Lüge durch die eigenen Erlebnisse dieser Tage im Spätsommer 2018 widerlegen.

Die Union liefert uns Beweis um Beweis dafür, dass es bereits fünf nach zwölf ist für einen klaren Richtungswechsel in der Bundesregierung hin zu progressiven, linken Mehrheiten. Deutschland braucht eine echte antifaschistische Regierung!

Der Dammbruch von Thüringen erschüttert uns als Antifaschist*innen bis heute. Sich als FDP-Politiker mit Unterstützung der CDU durch eine rechtsradikale Partei zum Ministerpräsidenten wählen zu lassen, bleibt weiterhin ein Novum der bundesdeutschen Geschichte, dessen Wiederholung es zu verhindern gilt. Wir werden nicht müde werden, daran zu erinnern. Dass die CDU Thüringen vor wenigen Wochen lieber den Saal verließ, als gegen Höcke als Ministerpräsidenten zu stimmen, beweist uns, dass in dieser Partei bis heute keine Lehren gezogen wurden. Man kann ihnen sogar unterstellen, dass sie dies aus Angst davor getan haben, dass doch jemand aus den eigenen Reihen Höcke wählen könnte.

Laschet und die CDU hatten nicht nur in diesem Wahlkampf Chance über Chance für eine Distanzierung zu ihren radikal-rechten Kräften, aber haben diese nicht ergriffen. Stattdessen glaubt die Union mit einer antiquierten „Rote-Socken“-Kampagne, die Wähler*innen überzeugen zu können. Die CSU macht selbst vor Stalinismus-Ikonographie nicht halt. Die Union öffnet mit diesem Narrativ ihre eigenen Türen nach rechts und hilft dabei Unsagbares sagbar zu machen.

Deshalb können wir Lippenbekenntnisse auf Seiten der Union nicht akzeptieren, sondern es müssen zukünftig eindeutige Handlungen folgen. Die andauernde Blockade eines Demokratiefördergesetzes der Union innerhalb der auslaufenden Legislaturperiode ist ein Skandal. Für uns Jusos ist klar, dass gerade die Unterstützung antifaschistischer Initiativen, Vereine und Bildungsprogramme mit ausreichenden finanziellen Mitteln Priorität einer nächsten Legislatur sein muss.

Die Bundestagswahl wird über unsere Zukunft entscheiden. Wir müssen die Brandbauer gegen Rechts dringend wiederaufbauen. Lasst uns deshalb weiterhin für unsere gemeinsame positive Zukunftsvision streiten und progressive Mehrheiten erkämpfen. Die SPD muss an der Speerspitze der gesellschaftlichen Linken in der nächsten Regierung stehen – besonders im Kampf gegen Rechts. Die Union hat mehrfach bewiesen, dass sie in diesem Kampf auf einer anderen Seite steht, daher gehört sie dringend in die Opposition.