Das neue Adoptionshilfegesetz – Ende ohne Kampf oder Kampf ohne Ende? – Anna Zels & Paula Zels

- Posted by Author: Pauline Schur in Category: Artikel 03/20 | 3 min read

Die Familiengründung ist für viele Paare ein aufregender und auch sehr anstrengender Abschnitt ihres Lebens. Besonders Adoptionen sind mit großem Zeit- und Kraftaufwand verbunden und fordern den betroffenen Familien auf unterschiedlichen Ebenen viel ab. Je älter die Kinder sind, desto belastender kann diese Situation auch für sie sein. Um dieses Verfahren neu zu regeln hat sich der Bundestag intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt. 

Dazu wurde am 28.05.2020 im Bundestag ein neues Adoptionshilfegesetz beschlossen. Dieses sieht eine stärkere Beratung und Begleitung der betroffenen Familien vor. Erklärtes Ziel ist es, die Rechte der Kinder und die Position der Herkunftseltern zu stärken und einen offenen Umgang mit der Adoption zu fördern. Allerdings entsteht so für lesbische Paare ein Rückschritt zu der bisherigen Regelung. Bei Zwei-Mütter-Familien gilt weiterhin das Verfahren der Stiefkindadoption, da sie sich nicht automatisch als zwei rechtliche Elternteile eintragen lassen können. Das sorgt dafür, dass bei einem leiblichen Kind, die andere Mutter nun auch noch eine „Zwangsberatung“ über sich ergehen lassen muss. Als ob das Verfahren bei einer Stiefkindadoption für lesbische Paare nicht schon belastend genug wäre, kommt jetzt noch eine zusätzliche Beratung hinzu. 

Als 2017 der Gesetzentwurf für die gleichgeschlechtliche Ehe im Bundestag beschlossen wurde, haben wir die Debatte live am Laptop verfolgt. Zu diesem Zeitpunkt waren wir bereits verlobt. Die Freude über diesen Beschluss war riesig, weil für uns nun feststand: Wir können jetzt heiraten! Für uns war das ein Meilenstein in Richtung wirklicher Gleichstellung. Die Hoffnung, dass mit dem Beschluss endlich Bewegung im Bereich der gesetzlichen Regelungen für gleichgeschlechtliche Paare in Deutschland kommt, war wieder da.

Der propagierte Begriff „Ehe für alle“ ließ zunächst eine tatsächliche Gleichstellung der Ehe in allen Bereichen vermuten. Diese Illusion ist allerdings schnell geplatzt. Das Adoptionshilfegesetz zeigt dies sehr anschaulich. Es geht einen Schritt vor und direkt danach wieder zwei Schritte zurück. Mit der Union ist nun mal keine fortschrittliche Politik zu machen. Dabei ist die Position der SPD und die der zuständigen Familienministerin eigentlich klar, denn diese Regelung ist nicht zufriedenstellend. Trotzdem schafft es die Union sich durchzusetzen und die Diskriminierung lesbischer Paare zu verstärken. An diesem Punkt hätten wir uns eindeutig mehr Kampfgeist von der SPD-Fraktion gewünscht. Aber ein Aufruhr oder merkbarer Widerstand waren kaum zu spüren. Gerade bei einem Thema in dem die Fraktion doch so einig scheint, hätte man die eigene Position stärker nach vorne tragen müssen. Momentan bleibt deshalb bei uns nur ein Gefühl der Enttäuschung zurück.

Obwohl die diesjährige CSD-Saison durch Corona ausfällt, geht die Community nicht auf Abstand zum aktuellen Geschehen. Die Kritik an diesem neuen Gesetz und dem Agieren der SPD ist vor allem im Netz deutlich wahrnehmbar. Es ist schwer Menschen zu erklären, wie es nach dem Beschluss zur gleichgeschlechtlichen Ehe jetzt zu so einem nicht nachvollziehbaren Gesetz kommen konnte. Uns fehlen schlicht die Argumente, denn auch uns schmerzt die Situation.

Aber wir wollen uns nicht entmutigen lassen und kämpfen weiter für unsere Rechte. Unser Wunsch für die Zukunft ist es, dass das Abstammungsrecht so geändert wird, dass bei lesbischen Paaren die Eintragung einer Mit-Mutter möglich wird. Sie soll wie ein Mann kraft Ehe oder Anerkennung das zweite Elternteil werden können. Dafür setzen wir uns weiterhin ein. Tut es mit uns!

Wir, Anna und Paula, sind überzeugte SPD-Mitglieder. Wir haben uns über die Partei kennen und auch lieben gelernt. Seit 2018 sind wir glücklich miteinander verheiratet. In unserer gemeinsamen Zukunft wünschen wir uns eigene Kinder und eine echte Gleichstellung mit heterosexuellen Paaren auf allen Ebenen.

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